Die Kreuzkirche zu Wiedenest ist sowohl kunsthistorisch als auch theologie-und frömmigkeitsgeschichtlich von besonderer Bedeutung. Die Wandmalereien in der Wiedenester Kreuzkirche gehören zu den umfangreichsten Beständen spätgotischer Wandmalereien im Rheinland.

Im 12. Jahrhundert bestand die Kapelle zu Wiedenau zunächst aus einer dreischiffigen Pfeilerbasilika von zwei Jochen mit schmalen Seitenschiffen, einem vorgesetzten Westturm und einem quadratischen Chorjoch mit einer gestelzten Halbkreisapsis.
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wechselte das Patrozinium der Kirche, die Kirche wurde dem Heiligen Kreuz geweiht: Ein Kreuzfahrer soll einen Kreuzsplitter aus dem Heiligen Land in der Wiedenester Kirche niedergelegt haben. Wahrscheinlich war dieses Ereignis Ausgangspunkt für eine Wallfahrt nach Wiedenest. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde der Ostteil der Kirche vergrößert, aus dem ehemaligen Chorjoch wurde die Vierung, an diese wurden die Querhäuser und ein rechteckiger Chor angebaut. (vgl. Kessel: ebd., S. 32f)

Die Wallfahrt nach Wiedenest florierte und schon bald wurden Chor, Vierung und die Querhäuser mit Wandmalereien ausgestattet. „In Chor und Vierung gibt es das ‚Standardprogramm’ mit Jüngstem Gericht und Aposteln, in den Querhäusern einen der reichsten Passionszyklen und den exzeptionellen Zyklus zum Heiligen Kreuz.“ (Kessel: ebd., S. 36).

Die Bilderzyklen in Wiedenest offerierten schon im 15. Jahrhundert den Wallfahrern eine imaginäre Jerusalemwallfahrt, konnten sie in der Kirche im Oberbergischen, wie Jerusalempilger im Heiligen Land, den Spuren des gekreuzigten Christus nachfolgen, sowie auch das Grab Adams, die Brücke über den Bach Kedron, den Teich Bethesda oder auch den Ort der Kreuzauffindung durch Helena betrachten. (vgl. Kessel, ebd., S. 47)

Seit vielen Jahren schon besuchen erneut unzählige Reisegruppen und Wanderer die „verlässlich geöffnete“ Kreuzkirche in Wiedenest. Meist ist es kunsthistorisches Interesse, das Menschen aus dem ganzen Rheinland und von noch weiter her in die kleine „bunte“ Kirche lockt.

Im Rahmen der „Regionale 2010“ wurde seit 2009 in Kooperation mit dem Oberbergischen Kreis, der Thomas-Morus-Akademie Bensberg und den Ev. Kirchengemeinden der fünf bunten Kirchen (Lieberhausen, Marienberghausen, Marienhagen, Müllenbach und Wiedenest) das „Festival der Bunten Kirchen, die Bergische Trilogie: Musik – Worte – Begegnungen“ initiiert. Dieses Festival hat bis 2017 neun Mal stattgefunden und mehr als 4.000 Menschen einen Zugang zu der reichen Bilderwelt in diesen Kirchen ermöglicht. Seitdem hat der Besucherstrom zur Kreuzkirche noch einmal stetig zugenommen.

Durch die kunsthistorischen und auch kirchengeschichtlichen Erläuterungen von
Dr. Verena Kessel, Kunsthistorikerin aus Bonn, wurde uns als Gemeinde in den letzten Jahren die Bedeutung der Kreuzkirche als mittelalterliche Wallfahrtskapelle, dem „Jerusalem im Oberbergischen“, immer bewusster. [Literatur: Verena Kessel: Weltgericht und Seelenwaage. Große Kunst in kleinen Kirchen. Die Bunten Kirchen im Bergischen Land, Bensberg Edition 2, 2010, S. 29ff.]

Schon länger haben wir daher davon geträumt, Menschen virtuell auch im Internet eine ansprechende Kirchenbesichtigung bzw. -führung zu ermöglichen. Mit dem Projekt Wallfahrt 4.0, in Kooperation mit der Firma Scasa, wurde dies im Januar 2018 realisiert.

Ende November 2017 trat die Firma Scasa, eine junge Ausgründung der RWTH Aachen, an das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Wiedenest heran, mit der Idee einer modernen Form der multimedialen Darstellung von Kirchen mit Hilfe eines 3D Modells.

Die Kirche wird dazu digitalisiert und multimedial als virtuelle Tour präsentiert. Einem Besucher im Internet wird das Gefühl vermittelt, er befände sich direkt vor Ort.

Schnell war das Presbyterium begeistert von der Idee, Menschen mit Hilfe eines 3D Modells in die Kreuzkirche aus dem 12. Jahrhundert einzuladen, diese im 21. Jahrhundert virtuell zu besuchen und sich mit Hilfe der Bilderzyklen einladen zu lassen „zur meditatio (Betrachtung), zur compassio (Mitleiden) und zur immitatio (Nachfolge).“ (Kessel, ebd, S. 46)

Das Projekt WALLFAHRT 4.0 war geboren. Hierbei lehnen wir uns an den aktuellen Begriff „Industrie 4.0“ an. WALLFAHRT 4.0 ist motiviert über den Einflussradius, der sich immer weiter vergrößert: Menschen wallfahren zu heiligen Orten zunächst zu Fuß (1.0), mit einem Fahrzeug oder Schiff (2.0), mit einem Flugzeug (3.0) und schließlich virtuell für jeden instantan.

So werden nun mit Hilfe eines texturierten 3D Modells Menschen eingeladen, die „bunte“ Kreuzkirche in Wiedenest virtuell zu besuchen, egal wo sie sind. Sie haben die Möglichkeit, die spätgotischen Wandmalereien aus kunsthistorischem Interesse in Augenschein zu nehmen oder geistlich motiviert zu betrachten. Erklärende Texte machen diese virtuelle Kirchenführung für jeden zu einem besonderen Erlebnis.

Anfang Januar 2018 wurde die Kirche unter tatkräftiger Mithilfe der Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie der Flüchtlingsinitiative hier.leben unserer Kirchengemeinde für das Scannen des Innenraumes leer- und wieder eingeräumt.

Die Firma Scasa hat mit einem Laserscanner etwas mehr als eine viertel Milliarde Distanzmessungen im Innen- und Außenbereich gemacht, mehr als 750 Bilder aufgenommen und diese zu einem kompakten 3D Modell verarbeitet, um es im Internet zu präsentieren.
In dem 3D Modell wurden mehr als 45 Texte und hochauflösende Bilder räumlich platziert, die durch das Anklicken von Symbolen im Bereich der Fenster, der Vierung, des Passionszyklus und der Kreuzlegende an entsprechender Stelle präsentiert werden. So kann sich ein Besucher gezielt über die verschiedenen kunsthistorischen Besonderheiten der Kirche informieren.

Erklärung zur Steuerung:
Die Kreise am Boden können angeklickt werden um sich zwischen den aufgenommenen 360° Panoramen zu bewegen (dank 3D Modell im Hintergrund mit einer flüssigen Bewegung statt mit einem Sprung wie in herkömmlichen 360° Touren). Das 3D Symbol unten Links bringt einen in die 3D Ansicht. Hier kann man sich mit der linken Maustaste frei um einen Punkt rotieren (den Rotationspunkt kann man mit einem Doppel-Rechtsklick ändern), mit dem Mausrad rein- und rauszoomen und mit der rechten Maustaste das Gebäude in der Ebene verschieben.

Ein Klick auf einen der Kreise im 3D Modell bringt einen wieder zu dem dort aufgenommenen 360° Panorama. In jeder Ansicht kann man die Info-Symbole anklicken, die in der Szene platziert wurden, um zusätzliche Beschreibungen und Bilder abzurufen.


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